Sonntag, 25. Mai 2014

Aurora lucis rutilat

In der Osterzeit wird jeden Morgen der Hymnus Aurora lucis rutilat gesungen. Das Morgenrot am Horizont wird mit dem ersten Licht des Ostertages verglichen. Der auferstandene Christus wird als die wahre Ostersonne im Loblied besungen, und gerade in dieser Zeit wiederholt sich das Schauspiel Sonnenaufgang täglich auf phantastische Weise am Horizont. Der Hymnus wird Ambrosius von Mailand (4.Jh.) zugeschrieben, stammt jedenfalls aus seiner Zeit, und überliefert damit auch auf gewisse Weise eine monastische Erfahrung der Mönche von damals. Heute haben nur wenige Klöster noch eine Ordnung, die sie so früh in den Chor ruft, dass sie dieses Schauspiel ganz wahrnehmen können, bei dem man das Morgenlob dieses Hymnus direkt hinein in den erwachenden Tag singen und den Vögeln beim Aufwachen zuhören kann. Das Hineingestellt-sein in den Rhythmus der Natur geht auch bei den Gemeinschaften nach und nach verloren. Heute sind es die Arbeitnehmer mit den weiten Anfahrtswegen, die Zeugen solcher morgendlicher Auferstehungserfahrungen werden können, wenn sie schon wach genug sind und einen Sensus dafür haben. In den Klöstern ist man darauf angewiesen, diese Erfahrungen zunehmend aus dem beschriebenen Text zu extrahieren und sich die dazugehörigen Bilder in Gedanken aus früheren Erfahrungen herbeizuholen. Das manchmal beklagte und oft von Gästen so bewunderte tägliche frühe Aufstehen gestaltet sich im Vergleich zu früheren Jahrhunderten sehr moderat. Kaum ein deutscher Konvent des Zisterzienserordens hält die Matutin frühmorgens und fängt mit dem Morgenlob vor 6:00 Uhr an. Geschuldet ist solche Ordnung den wirtschaftlichen Erfordernissen und der Tatsache, dass auch in Klöstern die Zeit nach der Komplet zum Arbeiten genutzt wird, die die einzige ist, die nicht mehr von irgendeiner Gebetszeit oder sonstigen Verpflichtung unterbrochen wird, vor allem dann, wenn es sich um administrative und im weitesten Sinne schriftliche Dinge handelt, für die man mehr zusammenhängende Zeit benötigt.
Interessant ist auch die einstige Länge des Hymnus, der heute in drei Teile zerlegt ist. Neben Aurora lucis rutilat, gehören die Hymnen Tristes erant Apostoli und Paschale mundo gaudium zum ursprünglichen Text.

Online-Literatur (abgerufen am 25.05.2014): 
http://hymnarium.de/hymni-ex-thesauro/hymnen/148-aurora-lucis-rutilat