Die Regel
Benedikts behandelt in ihrem 28. Kapitel, das jeweils am 5. März, am 5. Juli
und am 4. November gelesen wird, diejenigen im Kloster, die nicht dem Gebot der
Regel folgen wollen oder dies auf irgendeine Weise im entsprechenden Kontext
können. Interessanterweise erscheinen in diesem Kapitel - sehr viele
medizinische Anspielungen und Bemerkungen. Da ist vom weise(n) Arzt die Rede, von lindernde(n)
Umschläge(n), von Salben und Arzneien. Auch damals bekannte chirurgische Instrumente (Brenneisen, Messer) und Maßnahmen (Amputation / zum Abschneiden) klingen an. Und schließlich geht es noch um die
Ansteckungsgefahr und das damals dagegen einzig helfende Mittel der Quarantäne,
d.h. im klösterlichen Sprachgebrauch der Ausschließung, oder gar der
Ausstoßung. Es werden also alle bekannten aktiven Maßnahmen der Heilkunst
anerkannt und umgesetzt, um zu helfen. Und nicht zuletzt kommt mit der
Empfehlung ärztlicher Handlungsschemata die biblische Weisheit hier durch: Doch auch dem Arzt gewähre Zutritt! [...] Zu
gegebener Zeit liegt in seiner Hand der Erfolg, denn auch er betet zu Gott.[1]
Das Gebet ist in diesem Kapitel also zu Recht die ultima ratio, dann nämlich,
wenn jede ärztliche Heilkunst versagt.[2]
Klöster waren im Mittelalter Zentren medizinischer Gelehrsamkeit. In ihnen wurde das heilkundliche Wissen der Antike bewahrt. In ihnen wurde das Gebot benediktinischer Gastfreundschaft (RB 53) praktiziert, was auch die Kranken und Armen miteinschloss und so zwangsläufig zu praktischen Erfahrungen in der Medizin führte. Die Sorge um die Kranken innerhalb der Gemeinschaft war mit höchster Autorität festgelegt (RB 36). Doch die Konzilien des Mittelalters entschieden, dass Medizin kein Betätigungsfeld für Priester und Ordensleute sei.[3] Schon deren Anzahl (6 von 1130 bis 1215) zeigt, dass sich die im Gesundheitsdienst praktizierenden Theologen mit dieser Maßgabe schwer taten. Die Zisterzienser haben 1157 auch ihrerseits eine Reglementierung der Heilkunst vorgenommen, ein generelles Verbot findet sich jedoch nicht.[4] Und zu dieser Zeit waren noch Mönche und Konversen im ärztlichen Dienst tätig. Später war allgemein zumindest die praktische Seite der ärztlichen Gesundheitsfürsorge den Professen vorenthalten. Der medizintheoretische Aspekt der Ausbildung und Wissensaneignung anhand der Schriften antiker Ärzte zog mit der Entwicklung der Universitäten und den dadurch bedingten neuen Möglichkeiten eher schleichend aus den Klöstern aus. Laienbrüder übernahmen nun hauptsächlich die von den Mönchen lt. Kirchenrecht öffentlich nicht mehr zu leistenden Aufgaben. Solche Krankenpfleger – in Wechterswinkel beispielsweise um 1200 ein frater Cunradus infirmarius[5] – finden sich auch in den Frauenklöstern, wo sie vermutlich in den angeschlossenen Hospitälern und Herbergen derartige Dienste ausübten und sicher auch dem Konvent mit ihren fachlichen Fähigkeiten dienten. Damit könnte man zufrieden sein. Doch ist es vielleicht gar nicht abwegig, auch nach der Rolle und dem Beitrag der Frauen im klösterlichen Kontext für die Medizin des Mittelalters zu fragen. Gab es dort nicht auch eine Notwendigkeit, sich mit medizinischen Fragestellungen zu befassen? Besonders viele Kenntnisse darüber gibt es nicht. Lediglich die Schriften der heiligen Äbtissin Hildegard werden in diesem Zusammenhang bis heute angeführt und repetiert. Es soll aber hier nicht diese, sondern eine andere, weniger bekannte, Zisterzienserin gleichen Namens ins Blickfeld gerückt werden: Hiltgart von Hürnheim aus dem Kloster Zimmern. Doch zuvor ist noch etwas vorauszuschicken:
Klöster waren im Mittelalter Zentren medizinischer Gelehrsamkeit. In ihnen wurde das heilkundliche Wissen der Antike bewahrt. In ihnen wurde das Gebot benediktinischer Gastfreundschaft (RB 53) praktiziert, was auch die Kranken und Armen miteinschloss und so zwangsläufig zu praktischen Erfahrungen in der Medizin führte. Die Sorge um die Kranken innerhalb der Gemeinschaft war mit höchster Autorität festgelegt (RB 36). Doch die Konzilien des Mittelalters entschieden, dass Medizin kein Betätigungsfeld für Priester und Ordensleute sei.[3] Schon deren Anzahl (6 von 1130 bis 1215) zeigt, dass sich die im Gesundheitsdienst praktizierenden Theologen mit dieser Maßgabe schwer taten. Die Zisterzienser haben 1157 auch ihrerseits eine Reglementierung der Heilkunst vorgenommen, ein generelles Verbot findet sich jedoch nicht.[4] Und zu dieser Zeit waren noch Mönche und Konversen im ärztlichen Dienst tätig. Später war allgemein zumindest die praktische Seite der ärztlichen Gesundheitsfürsorge den Professen vorenthalten. Der medizintheoretische Aspekt der Ausbildung und Wissensaneignung anhand der Schriften antiker Ärzte zog mit der Entwicklung der Universitäten und den dadurch bedingten neuen Möglichkeiten eher schleichend aus den Klöstern aus. Laienbrüder übernahmen nun hauptsächlich die von den Mönchen lt. Kirchenrecht öffentlich nicht mehr zu leistenden Aufgaben. Solche Krankenpfleger – in Wechterswinkel beispielsweise um 1200 ein frater Cunradus infirmarius[5] – finden sich auch in den Frauenklöstern, wo sie vermutlich in den angeschlossenen Hospitälern und Herbergen derartige Dienste ausübten und sicher auch dem Konvent mit ihren fachlichen Fähigkeiten dienten. Damit könnte man zufrieden sein. Doch ist es vielleicht gar nicht abwegig, auch nach der Rolle und dem Beitrag der Frauen im klösterlichen Kontext für die Medizin des Mittelalters zu fragen. Gab es dort nicht auch eine Notwendigkeit, sich mit medizinischen Fragestellungen zu befassen? Besonders viele Kenntnisse darüber gibt es nicht. Lediglich die Schriften der heiligen Äbtissin Hildegard werden in diesem Zusammenhang bis heute angeführt und repetiert. Es soll aber hier nicht diese, sondern eine andere, weniger bekannte, Zisterzienserin gleichen Namens ins Blickfeld gerückt werden: Hiltgart von Hürnheim aus dem Kloster Zimmern. Doch zuvor ist noch etwas vorauszuschicken:
[1] Sir 38, 12.13.
[2] Eine Sichtweise übrigens, die
heute etwas in den Hintergrund getreten ist. Zwar wird dem einzelnen Mediziner
das Scheitern fast schon permanent unterstellt bzw. gesucht, sich gegen solches
in jeder Weise zu versichern. Der medizinischen Heilkunst jedoch wird allgemein
eine Allmacht zugeschrieben, die mit einer solchen Weisheit wieder auf den Boden
der Tatsachen geführt und ihrer Illusion beraubt werden kann.
[3] Die Konzilien von Clermont 1130 und
Reims 1131 standen am Anfang. Vgl.: Gaby
LINDENMANN-MERZ, Infirmarien - Kranken- und Sterbehäuser der Mönche: Eine
architekturhistorische Betrachtung der Infirmariekomplexe nordenglischer
Zisterzienserklöster, (MittelalterStudien des Instituts zur Interdisziplinären
Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens, Paderborn 19, Paderborn
2009) S. 33 mit Anm. 20. Weitere Beschlüsse folgten auf den Konzilien von Montpellier (1162) und Tours (1163 - hier Abtrennung der Chirurgie von der Medizin), Paris (1212) und dem Laterankonzil von 1215. Vgl. Richard TOELLNER (Hg.), Illustrierte Geschichte der Medizin, Bd. 2 (Sonderauflage Erlangen 1992) S. 757.
[4]
Chrysogonus WADDELL (Hg.), Twelfth-century statutes from the Cistercian general
chapter: latin text with English notes and commentary, (Cîteaux. Studia
et documenta 12, Cîteaux 2002) 713-Isi 32; 596-46: De medicis monachis uel conuersis, ab olim statutum est ut extra domos
suas pro medicine opere non pernoctent; neque potionem secularibus dent.
[5] Original: Staatsarchiv Würzburg WU 7060.
[5] Original: Staatsarchiv Würzburg WU 7060.